Ozempic, Wegovy und Co. im Veteranentest

Studie zu Abnehmspritzen: Mehr Vor- als Nachteile?

Die in Ozempic und anderen Abnehmspritzen enthaltenen Wirkstoffe senken nicht nur den Blutzucker und helfen bei der Gewichtsreduktion, sondern vermindern beispielsweise das Risiko für Demenz und Herzinfarkt. Eine umfassende Studie zählt insgesamt 42 gesundheitliche Vorteile auf, macht aber auch auf 19 Nachteile aufmerksam.


Der Hype um Abnehmspritzen ist nach wie vor ungebrochen. Was genau können GLP-1-Rezeptor-Agonisten? Wie wirken sich Semaglutid in Ozempic und Wegovy, Liraglutid in Saxenda und Victoza und Tirzepatid in Mounjaro aus? Dieser Frage gingen Wissenschaftler in einer groß angelegten systematischen Analyse nach, in der die Daten von Patienten mit Diabetes Typ 2 ausgewertet wurden.

42 Vorteile gegenüber 19 Nachteilen

„Angesichts der Neuheit der Medikamente und ihrer in die Höhe schießenden Popularität war uns wichtig, die Wirkung auf alle Körpersysteme systematisch zu analysieren, um zu verstehen, was sie können und was nicht“, so einer der Autoren der US-amerikanischen Studie. Die Wissenschaftler werteten die Daten von 216.000 Patienten aus, die einen GLP1-Rezeptor-Agonisten gegen Diabetes Typ 2 einnahmen und stellten die Daten 1,2 Millionen Menschen mit Diabetes gegenüber, deren Erkrankung anders behandelt wurden. Die Auswertungszeit betrug über dreieinhalb Jahre.

Ursprünglich zur Senkung des Blutzuckers bei Typ-2-Diabetes entwickelt, werden diese Medikamente oft auch zum Abnehmen eingesetzt. Aber die Substanzen können noch mehr. Für 42 gesundheitliche Probleme sank unter der GLP-1-RA-Therapie das Risiko, dagegen stieg es für 19 andere.

Geringeres Risiko für Herzinfarkt, Schlaganfall und Demenz

Der Studie an britischen Veteranen zufolge senken sie unter anderem das Risiko für Herzinfarkt, Schlaganfall, Demenz, Psychosen, Blutgerinnungsstörungen, bakterielle Infektionskrankheiten und Atemwegsprobleme wie Bronchitis und chronisch-obstruktive Lungenerkrankung. Interessant ist die Wirkung der Substanzen auf verschiedene Suchterkrankungen. So entdeckte das Team, dass während der Behandlung weniger Alkohol, Nikotin und Cannabis konsumiert wird.

Keine Selbstmord-Gedanken

Die Studie bestätigt auch die Vermutung, wonach GLP-1-Rezeptoragonisten nicht mit suizidalen Gedanken einhergehen. Diese Gefahr sei sogar reduziert, so die Forscher und verweisen auf mögliche antidepressive Eigenschaften dieser Medikamentengruppe.

Transparenzhinweis

Studie mit Vorsicht zu genießen


Nicht alle Wissenschaftler halten diese Studie trotz der großen Datenbasis für besonders aussagekräftig. So merkt u.a. die Diabetes-Koryphäe Professor Sir Stephen O’Rahilly von der renommierten Universität Cambridge in einem Kommentar für das Science Media Centre dazu an:

"Studien wie diese müssen mit großer Vorsicht interpretiert werden, da die untersuchten Personen nicht zufällig einer Behandlung mit GLP-1-Rezeptoragonisten zugewiesen wurden. Daher könnten Unterschiede zwischen denjenigen, die das Medikament einnehmen, und denen, die es nicht einnehmen, auch auf andere Faktoren als das Medikament selbst zurückzuführen sein. Da die Daten aus der britischen Veteranenverwaltung stammen, sind sie stark zugunsten älterer weißer Männer verzerrt."

Zudem weisen wir daraufhin, dass der hauptverantwortliche Autor der Studie Beratertätigkeiten  für das Pharmaunternehmen Pfizer angibt, welches mit Danuglipron am ersten oral einzunehmenden GLP-1-Rezeptoragonisten arbeitet. Es sollte bei der Interpretation grundsätzlich bedacht werden, dass Studien dieser Art in der Regel mit Geldern aus der Pharmaindustrie mindestens kofinanziert werden. Studien, die nicht die gewünschten oder unspektakuläre Ergebnisse bringen, werden deshalb manchmal gar nicht erst veröffentlicht oder finden weniger öffentliche Aufmerksamkeit.

Nicht ohne Risiko

Ohne Risiken sind diese Medikamente jedoch nicht. Als Risiken werden in dieser Veröffentlichung unter anderem Magen-Darm-Beschwerden wie Übelkeit und Erbrechen, Sodbrennen, Gelenkentzündungen, Schlafstörungen und zu niedriger Blutdruck genannt. Zudem könnte die Einnahme in seltenen Fällen entzündliche Prozesse in den Nieren und der Bauchspeicheldrüse auslösen.

Blutdruck sollte kontrolliert werden

Wer eine dieser Spritzen verwendet, sollte unbedingt seinen Blutdruck kontrollieren, vor allem dann, wenn Medikamente gegen Bluthochdruck eingenommen werden. In vielen Fällen müsste dann die Dosierung reduziert werden, so die Forscher.

Eine wichtige Frage bleibt ungeklärt. Erhöhen GLP-1-Rezeptoragonisten das Risiko für Krebs? Für die Beantwortung dieser Frage war die Beobachtungszeit von 3,7 Jahren zu kurz. Auf ein Risiko gebe es bislang aber keine Hinweise.