Schwerpunkt: „Künstliche Bauchspeicheldrüse“

Studie in Aachen: Closed- und Open-Loop im Vergleich

Das Hybrid-Closed-Loop-System (auch bekannt unter „AID-System“) besteht aus einem CGM-Sensor, der regelmäßig in kurzen Intervallen den Zucker im Unterhautfettgewebe misst. Ein Sender schickt diese Werte an eine Insulinpumpe, die dann automatisch die Insulingabe erhöht oder senkt.


Wer an Diabetes Typ 1 erkrankt, braucht regelmäßig Insulin, damit der über die Mahlzeiten aufgenommene Zucker im Körper verteilt werden kann. Bei einem Mangel an Insulin staut sich die Glukose im Blut. Die Leber geht in den Notfallmodus und versorgt die Zellen dann eine Weile ersatzweise mit Ketonkörpern. Hält der Mangel weiter an, kommt es durch die vermehrte Bildung von Ketonkörpern zu einer Ketoazidose, einer Stoffwechselübersäuerung. Im schlimmsten Fall droht dann das lebensbedrohliche diabetische Koma.

Kinder erhalten besonders oft Dosierungssysteme

Aber auch bei einem Zuviel an Insulin kann man ins Koma fallen. Dann bekommt das Gehirn nicht genug der kontinuierlich benötigten Glukose ab. Bei einer Behandlung mit Insulin geht es deswegen immer darum, den Blutzucker in einem bestimmten Bereich (der sog. "Time in Range", kurz "TIR") zu halten, damit es weder zu Unterzucker noch zu erhöhten Zuckerwerten kommt. Kindern fällt es besonders schwer, auf gesunde Blutzuckerwerte zu achten. Deswegen erhalten sie sehr oft automatische Insulin-Dosierungssysteme ("AID-Systeme").

Generell unterscheidet man zwischen zwei Systemen, den Hybrid-Closed-Loop-Systemen und den Open-Loop-Systemen. Hybrid-Closed-Loop-Systeme sind vollautomatische Systeme, die Insulin nach Bedarf abgeben, ohne dass der Träger irgendeinen Einfluss darauf nimmt. Diese „geschlossenen“ Systeme verbessern bei Kindern die Glukosewerte und schützen besser vor Unterzucker.

Wider dem Begriffs-Wirrwarr

Unterschied zwischen „Closed-Loop“ und „AID“

Die Begriffe "Closed-Loop"-System und „AID“-System (von „Automated Insulin Delivery“) werden oft synonym verwendet. Die Begriffe sind jedoch unterschiedlich präzise.


    AID-Systeme (Automated Insulin Delivery)

    • Oberbegriff für alle Systeme, die die Insulinabgabe automatisiert steuern.
    • Besteht aus drei Hauptkomponenten: CGM (kontinuierliche Glukosemessung), Insulinpumpe und Algorithmus zur Berechnung der benötigten Insulindosis.
    • Manche AID-Systeme erfordern noch eine gewisse manuelle Eingabe, z. B. Kohlenhydrateingabe oder Korrekturmaßnahmen.

    Closed-Loop-Systeme

    • Eine spezifische Untergruppe der AID-Systeme.
    • Hierbei wird die Insulinabgabe vollautomatisch gesteuert, ohne dass der Nutzer regelmäßig eingreifen muss.
    • Der Begriff "Closed-Loop" bedeutet, dass der Kreislauf zwischen Glukosemessung, Berechnung und Insulinabgabe geschlossen ist.
    • Manche Systeme erlauben dennoch manuelle Eingriffe (z. B. Mahlzeitenankündigung).

    Zusammenfassung:

    • Jedes Closed-Loop-System ist ein AID-System, aber nicht jedes AID-System ist ein Closed-Loop-System.
    • AID umfasst sowohl Hybrid-Closed-Loop-Systeme (die noch Nutzerinteraktion erfordern) als auch vollautomatische Closed-Loop-Systeme. "AID" ist also der allgemeinere Begriff.

    Bei Open-Loop-Systemen schnelleres Eingreifen bei Defekten möglich

    Bei den „offenen“ Systemen hat der Träger Einfluss auf die abgegebene Insulinmenge. Diese Methode hat den Vorteil, dass zu hohe Zuckerwerte schneller erkannt werden, sollte es beispielsweise zu einer Verstopfung des Katheters kommen oder das Gerät funktionsuntüchtig sein. Auf der anderen Seite kann es bei dieser Methode zu Dosierungsfehlern kommen, die die Blutzuckerkontrolle langfristig erschweren.

    Eine Studie an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen hat jetzt die Vor- und Nachteile beider Systeme bei Kindern und jungen Erwachsenen verglichen. Untersucht wurden dabei knapp 14.000 Kinder und junge Erwachsene mit Typ-1-Diabetes im Alter bis zu 20 Jahren. Etwa die Hälfte benutzte ein hybrides Closed-Loop-System, bei dem ein Computer die Dosis berechnet und die Pumpe das Insulin automatisch abgibt. Die andere Hälfte verwendete ein Open-Loop-System, das dem Träger zeigt, welche Dosis an Insulin er gerade benötigt.

    Seltener Unterzucker bei Hybrid-Closed-Loop-Systemen

    Wie zu erwarten war, kam es bei Trägern des geschlossenen Systems seltener zu Komata aufgrund von Unterzuckerungen als bei denjenigen, die ein offenes System benutzten. Auch der Langzeitzuckerwert HbA1c war in der Closed-Loop-Gruppe besser als in der Open-Loop-Gruppe und die Zuckerwerte lagen insgesamt häufiger im Zielbereich. Das zeigt insgesamt eine bessere Blutzuckereinstellung mit den Hybrid-Closed-Loop-Systemen. Es traten jedoch deutlich häufiger Ketoazidosen bei Problemen mit der Pumpe auf, besonders bei denjenigen mit einem HbA1c-Wert von mindestens 8,5 Prozent. Die Autoren der Studie raten Ärzten, ihre Patienten verstärkt auf diesen Nachteil der Hybrid-Closed-Loop-Systeme hinzuweisen.

    Video: 5 Systeme im Vergleich